Die Festung Europa war lange eine Metapher. Jetzt wird sie gerade errichtet. In Ungarn, in Bulgarien und anderen Ländern, meterhohe Zäune und messerscharfer Stacheldraht. Wilde Vandalenhorden auf dem Weg nach Norden? Nein, Menschen in Not, müde, hungrig und erschöpft, schon seit Wochen auf der Flucht.
Die Mehrzahl der Menschen in Deutschland hat die Herausforderung durch die große Zahl von Flüchtlingen bewundernswert angenommen, auch die Kommunen leisten Großartiges.
Privatwohnungen als Unterkünfte, Hilfen von Anfang an sprechen die Sprache der Menschlichkeit. Der harte anhaltende Widerstand gegen die rechtsextreme Minderheit übrigens auch.
Europa dagegen droht an der Flüchtlingsfrage zu scheitern. Dabei gibt es soviel zu tun. Eine gemeinsame Außenpolitik, die die Ursachen für Flucht und Vertreibung wenigstens zu reduzieren versucht. (Ich habe große Zweifel ob ein Anstieg von Waffenexporten auf den richtigen Weg führt.)
Halbwegs sichere Fluchtkorridore könnten die Zahl der Toten im Mittelmeer reduzieren. Menschenwürdige Zwischenstationen könnten Ruheräume bieten. Eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge die Grenzländer entlasten. Ja, das alles kostet Geld. Aber im Vergleich zu vielen wirtschaftlichen Rettungsaktionen der letzten Jahre deutlich kleinere Beträge. Und der Kontinent von Humanität und Menschenrechten hat einen Ruf zu verlieren.
Bleibt die Gretchenfrage: Und dann? Meine Prognose: Viele werden bleiben müssen, weil die Verhältnisse so schnell nicht besser werden. Deshalb: Bildung und Integration von Anfang an. Ein gutes Marschgepäck für die, die wieder gehen werden, ein guter Start für die, die bleiben.
Dieser Kommentar erschien in „Sozialdemokrat. Zeitung der SPD Hessen-Süd“ 08-09/2015.
(Die vollständigen Ausgaben des „Sozialdemokraten“ können hier auf der Webseite des SPD-Bezirks Hessen-Süd heruntergeladen werden.)