Gernot Grumbach (SPD): Juristische Argumente der Landesregierung für Nachtfluglizenzen sind widerlegt – Land soll VGH-Urteil umsetzen

Mit der jetzt vorliegenden Begründung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zum Urteil über den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens sieht die SPD-Landtagsfraktion die juristischen Argumente der Landesregierung für den Wortbruch beim Nachtflugverbot als „vollständig widerlegt“ an. „Hinsichtlich des Flughafenausbaus hält der Planfeststellungsbeschluss – das begrüßen wir ganz ausdrücklich. Hinsichtlich des Nachtflugverbots wird der Landesregierung aufgegeben, ein Planergänzungsverfahren durchzuführen – das entspricht exakt unserer immer vertretenen Position“, sagte heute der SPD-Abgeordnete Gernot Grumbach.

„Was sich seit der Eilentscheidung vom vergangenen Januar abgezeichnet hat, wird auch in der Urteilsbegründung deutlich: Das Land kann den Ausbau des Flughafens mit einem echten Nachtflugverbot verbinden. Mehr noch: Es muss dies tun. Die bisherige Argumentation der Landesregierung hat sich als unseriös erwiesen. Wir verlangen von der Landesregierung nun, das VGH-Urteil umzusetzen und auf weitere juristische Winkelzüge zu verzichten.“

Insbesondere erwarte die SPD-Fraktion einen Verzicht des Landes auf Revision beim Bundesverwaltungsgericht: „Die Landesregierung kann jetzt tun, was sie immer versprochen hat.“ Gegen das Urteil in Revision zu gehen, hieße, den vorsätzlichen Wortbruch auf die Spitze zu treiben.

Die SPD-Fraktion verlange umgehend Klarheit in dieser Frage und zwar noch in der heute beginnenden Plenarwoche. „Die Landesregierung hatte elf Monate Zeit, sich auf diese Situation gedanklich einzustellen. Sie muss jetzt nicht wochenlanges Aktenstudium vortäuschen, um sich zu erklären. Diese Plenarwoche ist die letzte vor Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision und es ist deshalb höchste Zeit, dass Ministerpräsident Koch und Wirtschaftsminister Posch nicht länger über die Revision spekulieren, sondern ihr eine klare Absage vor dem Hessischen Landtag erteilen.“

Das Urteil des Verwaltungsgerichthofs und dessen Begründung seien eine schwere juristische Niederlage für die Landesregierung in der Frage des Nachtflugverbots. „Im Kern stellt das Gericht fest, dass die Abwägungen der Planfeststellungsbehörde in Gänze falsch sind. Die juristische Begründung für die 17 Nachtfluglizenzen ist in sich zusammengebrochen.“

Die Zulassung von 17 planmäßigen Nachtflügen genüge nicht den besonderen Anforderungen an den Nachtlärmschutz aufgrund des Luftverkehrsgesetzes, das die Planfeststellungsbehörde verpflichte, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. Hier beziehe sich der VGH ausdrücklich auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. „Anders als die Landesregierung bislang Glauben machen wollte, setzt sich der Verwaltungsgerichtshof eben nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, sondern schließt sich ihr ausdrücklich an“, so Grumbach.

Ausdrücklich kritisiere das Gericht den fehlenden Nachweis, dass die 17 geplanten Nachtflüge überwiegend dem Transport von Expressfracht dienten. Ferner sei die Übergangsregelung, wonach planmäßige Passagierflüge auf das Kontingent der 17 Nachtflüge angerechnet werden können, bis es durch Fracht- und Postflüge vollständig ausgeschöpft sei, nicht mit dem Lärmschutzbedürfnis der Betroffenen zu vereinbaren. Auch das Argument der Landesregierung, ohne die Nachtflüge sei die beabsichtigte Stärkung der Drehkreuzfunktion des Flughafens nicht möglich, werde vom Gericht widerlegt. „Der VGH weist zu Recht darauf hin, dass der Antrag der Fraport das ausdrücklich vorgesehen hat. Wenn die Fraport sagt, Nachtflugverbot und Stärkung der Drehkreuzfunktion passen zusammen, ist es schlicht Unsinn, wenn die Planfeststellungsbehörde ausführt, damit verliere der Planfeststellungsbeschluss seine innere Konsistenz.“

Die SPD begrüße auch, dass der VGH den Versuch der Landesregierung stoppe, den Landesentwicklungsplan „zu Schall und Rauch“ zu erklären. „Der Landesentwicklungplan ist kein unverbindliches Sammelsurium an Vorgaben, sondern eine Richtschnur, an der sich eine Planfeststellungsbehörde bei der Ausübung ihres Ermessens zu orientieren hat. Wäre es anders, hätte auch die Abstimmung über den Landesentwicklungsplan im Landtag mit ihren monatelangen Vorbereitungen keinen Sinn gehabt“, sagte Grumbach. Das Gericht komme zu dem Ergebnis, dass der Landesentwicklungsplan mit seinen sehr grundsätzlichen Festlegungen zum Lärmschutz den Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde für die Kernstunden der Nacht sehr weit – annähernd auf Null – einschränke. Diese Festlegung im LEP verstoße auch nicht gegen die luftverkehrsrechtliche Kompetenzordnung.

Schließlich erwarte die SPD-Fraktion, dass die Landesregierung auch der Auflage des VGH folge, die Zahl der Flugbewegungen in den so genannten Nachtrandstunden neu zu regeln. Die jetzige Regelung berge nach Ansicht des Gerichts die Gefahr, dass aufgrund des festgelegten Jahresdurchschnitts von 150 Flügen in der Hauptreisezeit wesentlich mehr Flüge stattfinden könnten. „Auch diese möglichen Häufungen gilt es durch eine Neubescheidung zu verhindern“, forderte Grumbach.